TV-Show-Tour Köln: Zu Besuch bei Raab, Jauch und Schmidt.

Manche mögen unter Urlaub etwas anderes verstehen. Für meinen Freund und Kollegen Dominik Kollmann und mich war es eine lang gehegte Idee, die wir in der vergangenen Woche nach ausgiebiger Planung endlich in die Tat umgesetzt haben: Eine Tour hinter die Kulissen deutscher TV-Shows. Und weil in München verhältnismäßig wenig Sendungen mit Publikum produziert werden, führte uns der Weg in Deutschlands TV-Hauptstadt Köln.

Logos Unser Star für Oslo - SternTV - Harald Schmidt

Los ging es Dienstagabend mit der zweiten Ausgabe von Stefan Raabs Grand-Prix-Casting-Show Unser Star für Oslo, einer Kooperation zwischen Pro Sieben und der ARD.

Über 1.000 Zuschauer passen in das große Studio von Brainpool in der Kölner Schanzenstraße – der Ansturm war also enorm und wurde durch verschiedenfarbige Eintrittskarten, die die Reihenfolge des Einlasses regelten, einigermaßen unter Kontrolle gebracht. Vor dem Einlass ins Studio hieß es jedoch zuerst einmal: Alles abgeben bis auf den Geldbeutel – auch mit einem Schlüsselbund könnte man ja theoretisch ins Publikum werfen. Auch beim Einlass ins Studio wurde man, fast wie am Flughafen, noch einmal abgescannt. Vorher musste man mittels Unterschrift alle Bildrechte abtreten.

Leider bekamen wir Plätze am linken, äußeren Rand (vom Publikum aus gesehen) der Tribüne zugewiesen, so dass wir nie im Bild waren, zumindest nicht erkennbar.

Screenhsot Unser Star für Oslo

Während immer weitere Zuschauer ins Studio strömten, wurden auf einem großen Video-Bildschirm zur Unterhaltung der wartenden Gäste Auftritte von Sängern und Bands aus „TV Total“, „Schlag den Raab“ und anderen Raab-Shows abgespielt. So etwa 20 Minuten vor Beginn der Show begann das Warm-Up. Anheizer „Thomas“, der während der Show auch immer wieder Taktgeber zum Applaudieren war, versuchte mit mehr oder weniger guten Gags das Publikum in Stimmung zu bringen, erklärte wann und wie man seine Begeisterung zeigen sollte und bat, während der Live-Sendung möglichst nicht durchs Studio zu rennen. Außerdem sei nun die letzte Möglichkeit, sich umzusetzen, falls man mit seinem Sitznachbarn nicht live im Fernsehen gesehen werden möchte. Später auch kam noch Stefan Raab selber rein, der seine Jury-Kollegen und die Band vorstellte sowie ein paar Witze über die Herkunft eines seiner Bandmitglieder machte.

Die Show selber war dann so, wie man sie aus dem TV kennt: Eine perfekt organisierte und inszenierte Hochglanzproduktion mit Sänger, die auch alle singen können. Dadurch fiel es der Jury aus Stefan Raab, Sarah Connor und Peter Maffay oft nicht leicht, eine Auswahl zu treffen und Kritik anzubringen. Im Laufe der Sendung zeichnete sich jedoch allmählich ab, wer auf jeden Fall weiterkommt. Lobenswert an „USOF“ ist auch, dass die Entscheidung am Ende, anders als bei DSDS, nicht unendlich hinausgezögert wird.

Während im Fernsehen Werbung lief, die man im Studio übrigens nicht zu sehen bekam, liefen auf dem Großbildschirm im Studio Ausschnitte aus der Castingbox von den Kandidaten, die es nicht geschafft haben. Zudem hatte man die Möglichkeit aufzustehen, sich zu recken und strecken, um wieder für für den nächsten Teil der Live-Show fit zu sein.

Besonders interessant ist bei einem solchen Studiobesuch natürlich das, was man im Fernsehen nicht zu sehen bekommt, weil es rechts und links der Kamera passiert. Als z.B. Kandidat Leon Taylor bei seinem Song „Der Weg“ von Herbert Grönemeyer eine kurze Pause einlegte und das Publikum anfing zu applaudieren, sah man wie Moderator Matthias Opdenhövel drauf und dran war aufzuspringen, weil er – wie viele andere auch – wohl dachte, das Lied sei zu Ende und er hätte seinen Einsatz verpasst. Eine Mitarbeiterin konnte ihn noch zurückhalten, denn das Lied ging noch weiter.

Eine weitere Anekdote: Es gibt auf der Bühne von „Unser Star für Oslo“ eine ferngesteuerte Kamera, die im Halbrund auf Schienen um die Bühne herumfährt, um Aufnahmen der Kandidaten zu machen. Einmal, als Matthias Opdenhövel mit seiner Moderationskollegin Sabine Heinrich auf der Bühne stand und die Kamera um sie herumfuhr, stockte diese Kamera kurz, weil sie offenbar irgendwo hakte. Opdenhövel verzog kurz das Gesicht, eine Mischung aus kleinem Schreck und Schmunzeln, machte dann aber souverän weiter.

Und was man auch nicht im Fernsehen zu sehen bekam war, dass während der Werbepausen immer wieder eine Putzfrau ins Studio kam, die die Bühne wischte, damit die im Scheinwerferlicht schön glänzt.

Tatsächlich waren es vor allem die Kameras, die mich beeindruckt haben. Neben der erwähnten Schienen-Kamera, vor allem die „Steadycam„, eine Art schwebende Kamera, die mit einem speziellen Gestell im Gleichgewicht gehalten wird und auch bei Bewegungen unverwackelte Bilder liefert. Nicht nur die Bilder, die auf diese Weise entstehen sind beeindruckend, Respekt gebührt vor allem dem Kameramann, der dafür richtig Sport machen muss. Mit seinem Assistenten war er die ganze Zeit dabei, samt Kamera durchs Studio und über die Bühne zu wetzen. Daneben war ich fasziniert von dem Kamerakran im Studio, der mit seinem ca. 20 Meter langem Ausleger (ich bin im Schätzen immer ganz schlecht) oft haarscharf über den Köpfen des Publikums hinwegsauste und in Sekundenschnelle von der Nahaufnahme des Sängers in die Studio-Totale wechselte. So einen will ich auch haben…

Über zweieinhalb Stunden dauerte das Live-Spektakel, bevor Stafen Raab dann samt Kandidaten, Band und Jury mit Kamera im Schlepptau ins benachbarte TV-Total-Studio weiter zog, um dort die nächste Sendung zu machen.


Zweite Station unserer Tour war am Mittwoch sternTV mit Günther Jauch. Vor der Sendung hatten wir eine Studioführung durch die Nobeo-Studios in Hürth gebucht, wo die Sendung produziert wird.

Die erste Station der Tour war das Studio von „Wer wird Millionär„, das wie alle TV-Studios in der Realität viel kleiner ist, als es im Fernsehen aussieht. Und ohne die ganzen Lichteffekte auch relativ kahl, kühl und unspektakulär wirkt.

Interessant zu erfahren war, dass es einen Zuschauerblock gibt, der nie gezeigt wird, höchstens mal von hinten, weil dort eine Kamera und ein Kamerakran stehen. Aus diesem Block darf dann auch kein Zuschauer als Publikumsjoker aufstehen kann. In den anderen Blöcken wird nie die letzte Reihe gezeigt, um das Studio größer wirken zu lassen, außer ein Publikumsjoker steht in der letzten Reihe auf.

Daneben verriet der Studioführer noch ein interessantes Geheimnis: Nicht nur „Wer wird Millionär“, sondern auch die ORF-Adaption „Die Millionen-Show“ wird im Kölner Studio produziert. In der Summe sei es immer noch günstiger pro Produktionstag, an dem drei Shows aufgezeichnet werden, 30 Kandidaten samt Begleitung sowie Moderator und Team aus Österreich nach Köln einzufliegen, als ein solches Studio samt der technischen Infrastruktur in Österreich zu bauen und vorzuhalten. Da jedoch überwiegend deutsches Publikum im Studio sitzt, muss der zweite Publikumsjoker, bei dem ein einzelner Zuschauer dem Kandidaten hilft, in Österreich entfallen. Ein Zuschauer mit rheinischem Dialekt wäre im ORF schließlich schon etwas verdächtig. Auch die einfachen Einstiegsfragen sind für die deutschen Studiozuschauer oft eine Hürde: Etwa die Frage „Wer ist österreichischer Bundeskanzler?“ ist für Österreicher leicht zu beantworten, den meisten Deutschen jedoch unbekannt. Daher gibt es eine geheime Absprache zwischen den Kandidaten und Moderator Armin Assinger, bei den ersten fünf Fragen bloß nicht den Publikumsjoker zu nehmen, bei denen die Zuschauer per Knopfdruck abstimmen. Im Zweifelsfalls würde der Moderator eher etwas mehr helfen.

Ein weiteres, interessantes Detail: Angeblich refinanzieren sich die in der Sendung ausgespielten Gewinne der Kandidaten allein durch die Einnahmen aus den Telefon- und SMS-Gebühren des Zuschauer-Gewinnspiels. Das erzählte zumindest der Nobeo-Studioführer, ohne daraus ein großes Geheimnis zu machen.

Danach gab es noch Einblicke ins Studio von „Zwei bei Kallwass“, einen Regieraum und ein Bluebox-Studio, bevor es an die Ausgabe der „stern TV“-Tickets ging. Jeder Zuschauer erhielt dabei einen Wert-Coupon über 1,50 €, auf dem zwar „Essen“ stand, der aber nur für Getränke eingelöst werden konnte – das soll einer verstehen.

Auch das „stern TV“-Studio ist deutlich kleiner, als es im Fernsehen aussieht. Geschätzte 130 Zuschauer finden hier Platz. Durch immer wieder andere Sitzpositionen bei den Interviews und verschiedene Standpositionen von Günther Jauch bei den Anmoderationen der Beiträge wirkt es im TV aber größer.

SternTV 1

Das Warm-Up vor der Sendung machte Günther Jauch selber. Auf Anheizer und übermäßigen Frohsinn verzichte „stern TV“ weitgehend, so Jauch, und wenn einem etwas wirklich nicht gefallen sollte, müsse man auch nicht klatschen. Nur zu Beginn der Sendung bitte er um großen Applaus, so Jauch, weil 22.15 Uhr ein wichtiger Umschalt-Zeitpunkt sei und es wenig förderlich wäre, wenn die Zuschauer beim Durchzappen gleich zu Beginn ein gelangweiltes Publikum sehen würden.

Mit einer der Zuschauerinnen im Publikum schloss Jauch einen „Vertrag“: Wenn er anfange zu sprechen und sie sieht, wie er die Lippen bewegt, solle sie aufhören zu klatschen. Alle anderen sollten auf sie achten und dann auch aufhören. Sollte alles klappen, gäbe es am Ende der Sendung ein kleines Geschenk für jeden, kündigte Jauch an. Nachdem Jauch sich noch davon überzeugt hatte, dass in der ersten Reihe bloß niemand sitzt, der weiße Socken trägt und ihn seine Aufnahmeleitung schon mehrfach darauf hingewiesen hatte, dass die Sendung gleich beginnt, was er immer wieder „jaaaah“ erwiderte, sprintete er hinter die Bühne, um nur ein paar Sekunden später ganz souverän rauszukommen und die Live-Sendung zu beginnen.

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In der ersten Werbepause diskutierte Jauch dann mit der Zuschauerin im Publikum, ob der geschlossene „Vertrag“ erfüllt und die Aufgabe erfolgreich erledigt wurde. Beide waren etwas unterschiedlicher Meinung. Dann wies er darauf hin, dass man während der Werbepause natürlich aufstehen, sich recken und strecken könne und schob hinterher, dass dies erfahrungsgemäß zuerst immer Männer mittleren Alters tun, die zur Impotenz neigen. Dieser Nachsatz führt dazu, dass sich keiner traute, aufzustehen. In der zweiten Werbepause fragte er dann, wer am weitesten angereist sei und erzählte von einem Auto, dass er früher einmal besaß.

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Beeindruckt war ich von Günther Jauchs Souveränität und seiner Disziplin bei den Interviews, was die Zeitvorgaben angeht. Ende November war ich in Baden-Baden bei der Aufzeichnung von Frank Elstners Sendung „Menschen der Woche“ im SWR-Fernsehen. Dort konnte ich sehen, wie die Aufnahmeleitung Elster mehrfach signalisierte, dass die geplante Gesprächszeit zu Ende ist, er jedoch fröhlich weitertalkte. Jauch hingegen kam immer pünktlich zum Ende, was bei einer Live-Sendung natürlich auch notwendiger ist, als bei einer Aufzeichnung.

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Überrascht war ich, dass auch bei der Studio-Aktion, bei der vier Zuschauer Elektrogeräte testen sollten, die Auswahl tatsächlich spontan erfolgte, ohne vorherige Absprache oder Vorauswahl. Auch ein Ehepaar, das eine Woche lang seinen Plastikmüll sammeln soll, wurde anscheinend wirklich spontan ausgewählt. Das hätte ich nicht erwartet, schließlich besteht bei einer Livesendung ja auch immer das Risiko, dass man dabei an die „Falschen“ gerät.

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Am Ende der Sendung, als im TV bereits das Nachtjournal lief, gab es für jeden tatsächlich das versprochene kleine Geschenk: Einen „mit 3,50 Euro hoffnungslos überteuerten“ – so Jauch scherzhaft – druckfrischen „stern“.

Nachtrag: Das ursprünglich in diesem Artikel gezeigte Foto aus dem „Wer-wird-Millionär“-Studio wurde aus urheberrechtlichen Gründen entfernt.


Letzte Station unserer Tour war am Donnerstag die Harald Schmidt Show. Die Sendung wird Live-on-Tape bereits um 18:00 Uhr im Kölner Studio 449 aufgezeichnet und dann meist um 22:45 Uhr im Ersten und später als Wiederholung in einigen Dritten Programmen der ARD und bei Einsfestival ausgestrahlt.

Banner Harald Schmidt

Anders als bei „Unser Star für Oslo“ und „stern TV“ bekamen wir Platzkarten, so dass der Sitzplatz im Studio festgelegt war und nicht davon abhängt, wer am meisten drängelt. Gegen 17:30 Uhr ertönte im Foyer eine Ansage in Reimform: „Sehr geehrte Herren, verehrte Damen, ich begrüße Sie in Haralds Namen. Sie müssen sich jetzt sputen, der Einlass beginnt in zwei Minuten.“ Mehr davon konnte ich mir leider nicht merken. Im Studio liefen auf den Bildschirmen Auftritte von Musik-Acts aus der Show, ähnlich wie auch schon bei „Unser Star für Oslo“. Anders als bei „stern TV“ wirkte das Studio relativ groß, was sicher daran liegt, dass die Bühne recht langgezogen ist.

Kurz vor Beginn der Aufzeichnung kam dann erst der Redakteur der Sendung ins Studio, der „anderthalb lauwarme Gags“ ankündigte und ein paar organisatorische Hinweise gab, bevor dann Harald Schmidt selber das Ruder übernahm. Er stellte erst Bandleader Helmut Zerlett vor, dann seine Mitarbeiter Kathrin Bauerfeind und Christian Brey, fragte, wer schon mal bei einer Fernsehshow dabei war und „Wer von Ihnen bezieht Hartz IV?“. Als er sich wieder hinter die Bühne verabschiedete, meinte er noch „Wenn ich rauskomme, tun Sie so, als wären Sie Ossis und ich Genscher“.

Als Gast hatte Harald Schmidt die Jungautorin Helene Hegemann in der Sendung, deren umstrittenes Buch „Aoxlotl Rodkill“ er in fast jeder Moderation in die Kamera hielt. Das Interview war dann recht entblößend für Hegemann, weil man deutlich merkte, dass sie Harald Schmidt und seiner Art zu fragen nicht gewachsen war. Dabei war er noch relativ zahm, versuchte immer, sie zu bestärken und versicherte, sie sei „wahnsinnig intelligent und eloquent“. Nachzulesen auch bei sueddeutsche.de.

Die Sendung selber wird wie schon erwähnt Live-on-Tape aufgezeichnet, also im Idealfall ohne Patzer und ohne Schnitte, was das Team auch diszipliniert und professionell durchzog. Dadurch wirkte mir die Sendung im Studio aber ein wenig zu perfekt, so als man würde man eine Aufzeichnung vorgesetzt bekommen. Leider wurde auch das Publikum kaum gezeigt, was gerade als Reaktion auf Schmidts Gags manchmal angebracht wäre. Lediglich bei einem Ratespiel, wo man erahnen musste, ob in eingespielten Filmen jemand auf dem Eis ausrutscht oder nicht, wurde kurz aufs Publikum umgeschnitten.

Screnshot Harald Schmidt Show

Als wir nach der Sendung mit der Stadtbahn wieder zurückfuhren, sahen wir übrigens Harald Schmidt, wie er mit seinem Jaguar an uns bzw. der Bahn vorbeifuhr. Große Aftershow-Partys scheint es bei Harald Schmidt also nicht zu geben.

Fazit: Ein interessanter Einblick hinter die Kulissen drei ganz unterschiedlicher TV-Shows. Am ehesten würde ich ein zweites Mal zu „stern TV“ gehen, auch wenn das Studio etwas außerhalb liegt und man nach der Livesendung nach Mitternacht ohne Auto nur noch mit dem Taxi von dort wegkommt. Aber es gibt in Köln ja noch etliche weitere TV-Shows, die wir noch nicht live gesehen haben.

Weiterführende Links:

– Ticket-Bestellung für Unser Star für Oslo und TV Total
– Buchung Nobeo-Studiotour
– Ticket-Bestellung für stern TV
– Ticket-Bestellung für Harald Schmidt

 


Ein Kommentar


  1. Spannender Einblick, danke.