Deutschland sucht den Super-Zugbegleiter. Und ich glaube, ich habe ihn gefunden.

Über die Deutsche Bahn gibt es viel zu klagen, nicht selten zu Recht. Gerade in den vergangenen Monaten, wo Schnee und Eis beinahe regelmäßig für Verspätungen, Zugausfälle und überfüllte Züge sorgten, sank das Image der Bahn in den Keller.

Aber man soll ja nicht immer nur meckern. Wenn es etwas besonders Positives gibt, dann soll auch das nicht unerwähnt bleiben.

ICE und TGV im Münchner HbfDie Geschichte, die ich erzählen will, ereignete sich am vergangenen Sonntagabend im ICE 885 auf der Fahrt von Hamburg nach München. Schon kurz nach der Abfahrt in Hamburg-Altona meldete sich der Zugchef zu Wort und verkündete, dass der Zug, „bevor wir auf große Fahrt gehen“ noch dreimal in Hamburg halten würde, am Messebahnhof Dammtor, am Hauptbahnhof und in Harburg.

Schon da war mir klar: An diesem Zugbegleiter ist ein Moderator verlorengegangen.

Nach der Abfahrt in Hamburg kam dann die große Ansage samt Begrüßung aller Fahrgäste – und das in einer Deutlichkeit, Freundlichkeit, perfekten Artikulation und Sprachgewandheit, wie sie bei der Bahn ihresgleichen sucht. An den Reaktionen der anderen Fahrgäste im Wagen merkte ich: Nicht nur ich war angenehm positiv überrascht.

Noch während am Tisch gegenüber andere Passagiere witzelten, dass die Bahn es ja mit den englischen Ansagen nicht so drauf hat (nachzulesen u.a. im Bestseller „Senk ju vor träweling„), überzeugte die Stimme aus dem Lautsprecher mit absolut einwandfreiem und anstandslosem Englisch. Besonders charmant: Bei der englischen Ansage, dass man alle Anschlusszüge „in the little paper-flyer called IHR REISEPLAN“ finden könne, hörte man aus der Stimme ein verschmitztes Lächeln beim Umschalten vom Englischen auf den deutschen Begriff IHR REISEPLAN heraus. Sehr symphatisch.

By the Way: Als ich Anfang März, ebenfalls mit dem ICE 885, von der CeBIT zurück nach München fuhr, machte einer die Ansagen, der auch nur gebrochen Deutsch sprach. Aber das ist eine andere Geschichte.

Zurück zum Vorzeige-Zugbegleiter: Auch die weiteren Ansagen waren freundlich und amüsant, ganz ohne dass er dabei irgendeinen Witz gemacht hätte. Jedes Mal bedankte er sich fürs Zuhören und informierte zuverlässig und schnell über Störungen udn Verzögerungen, zum Beispiel die kleine Zwangspause vor Nürnberg aufgrund von eingleisigem Betrieb, „die Sie ja live mitbekommen haben“. Selbst der obligatorische Hinweis auf das Bord-Restaurant kam mit einer leichten, aber genau richtig dosierten Prise Humor in der Stimme rüber.

Aufgeschrieben liest sich das jetzt womöglich recht trocken, aber vielleicht hat der eine oder andere bei einer Zugfahrt durch Deutschland ja mal die Möglichkeit, ihn live zu erleben und kann dann nachvollziehen, was ich meine.

Ach ja, der Mann heißt übrigens Carsten (oder Karsten) Möller. Da das ja ein Lob ist, halte ich es für legitim, den Namen hier zu nennen. Gerne hätte ich ihm das Lob auch persönlich ausgesprochen, nicht zuletzt weil mich interessiert hätte, wie der Mensch hinter der Stimme aussieht. Allerdings kam zur Fahrkartenkontrolle nur eine seiner Kolleginnen in den Wagen.

Liebe Bahn: Bitte mehr von solchen Leuten! Dann macht Zugfahren wirklich Spaß und auch die 10 Minuten Verspätung, mit denen der Zug letztlich in München ankam, sind verziehen.

 


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