Blog goes Print: mucbook erscheint als gedrucktes Stadtmagazin.
Es scheint offenbar gerade in Mode zu sein, Print für tot zu erklären und sich ausschließlich dem Digitalen zu verschreiben. Alle lesen nur noch im Netz oder über Apps und bezahlen will dafür ohnehin keiner. Zumindest drängt sich dieser Eindruck auf.
Umso erstaunlicher ist es dann, wenn ein lokales Weblog den Weg in die andere Richtung geht: Nach drei Jahren als lokales Multiautoren-Blog erscheint am heutigen Montag die erste gedruckte Ausgabe von mucbook.
Ein Magazin, das sich an junge Leute richtet, auf Papier erscheint und für das man dann auch noch zwei Eure bezahlen soll? Auch den Münchner Presse-Grossisten erschien diese Idee zunächst etwas abwegig, berichtet mucbook-Gründer Marco Eisenack im Interview, das ich mit ihm für Radio Feierwerk und Markos Medienpodcast gemacht habe. Trotzdem haben sie „mucbook“ ins Zeitschriften-Sortiment aufgenommen und so liegt es seit heute in München am Kiosk und in den Presseregalen von Tankstellen und Supermärkten.

mucboook im Zeitschriftenregal. In „guter Gesellschaft“ zwischen „National Gerographic“, „View“, Wirtschafts- und Ratgebermagazinen
Geld verdienen mit Gedrucktem
Anders als die anderen noch verblieben Münchner Stadtmagazine wie dem universell-kulturellen „in münchen„, dem alternativen „Curt“ oder dem nightlife-orientierten „Flashtimer“ ist das gedruckte „mucbook“ nicht kostenlos. Auch, weil die Macher mit der gedruckten Ausgabe Geld verdienen wollen. Der Blog ist seit jeher werbefrei und soll es auch bleiben, für gedruckte Inhalte Geld zu bezahlen, ist jedoch gelernt.
Die erste Ausgabe habe ich beim Interview kostenlos bekommen, für die nächste Ausgabe, die erst im Frühjahr 2014 erscheinen soll, bin ich aber gerne bereit, auch zwei Euro zu bezahlen. Denn das, was man da in Händen hält, ist alles in allem ein schönes Heft geworden. Ein Magazin, das man relativ zeitlos lesen kann, dann wieder weglegt, um später einen weiteren interessanten Artikel zu finden. Thematisch liegt „mucbook“ irgendwo zwischen jetzt.de und „Neon„, einen Tick jünger vielleicht.

mucbook-Gründer Marco Eisenack bei der
Aufnahme des Interview im Studio von Radio Feierwerk
Mut zum unbedruckten Umweltpapier
Etwas ungewohnt ist das Umweltpapier, auf dem “mucbook†gedruckt ist, das ein bisschen was von Schülerzeitung hat. Was ebenfalls auffällt, ist der Mut zum Weißraum, der manchmal auch blau sein kann. Während andere Magazine die komplette Seite mit Texten oder Bilder befüllen, fallen bei “mucbook†im ganzen Heft größere unbedruckte Flächen auf. Das ist vermutlich sogar gewollt, um zu entschleunigen, wirkt auf den ersten Blick aber so, als wären die Texte nicht lang genug, um die Seite zu füllen.
Lokale Tipps mit Nutzwert
Generell sind die Texte eher kürzer als lang. Mit vier, fast vollständig bedruckten Seiten ist eine Liste mit 89 Tipps „Für Jungmünchner und Zugroaste“ einer der längsten Artikel. Dass man im Café Kosmos sein Essen selber mitbringen darf, erfährt man zwar gleich drei Mal (im Vorspann sowie in Tipp 47 und 56), aber ansonsten eine schöne Idee. Ebenso die Rubrik „Raus aus der Mitte“ für diejenigen, die zwar gerne in Schwabing oder im Glockenbach-Viertel wohnen würden, wegen zu hoher Mieten dann aber doch in Laim wohnen (müssen) und von „mucbook“ immerhin sechs Highlights in Laim serviert bekommen.
In der Titelgeschichte geht es auf sechs Seiten um den „Preis der Selbstoptimierung“, eine sechsseitige Fotokolumne widmet sich Stickern, Flugblättern und Hinweisschildern in der Stadt und eine Reportage portraitiert auf fünf Seiten Menschen in der Kultfabrik bei Tag und bei Nacht.
Bonbons für Blogger
Um auch mit Blogs ein paar Euro zu verdienen, ohne die Seite mit Werbebannern oder Google Ads vollzukleistern, wurde parallel zum geduckten „mucboook“ die iPad-App „Blogbox“ gestartet. Die Idee von Blogbox ist zum einen, die Inhalte verschiedener Blogs auf einer Plattform zu bündeln. Zudem haben die Nutzer die Möglichkeit, so genannte virtuelle „Bonbons“ zu kaufen, die sie freiwillig an Blog-Artikel verteilen können, die ihnen besonders gut gefallen. Ein spannender Ansatz, abzuwarten bleibt, wieviele Nutzer tatsächlich bereit sind, für virtuelle Bonbons echtes Geld auszugeben.
Das komplette Interview mit Marco Eisenack über mucbook, den Musikableger tapebook und die Blogbox-App gibt es in Markos Medienpodcast oder direkt hier zum Anhören:
[audio:http://markos-medienpodcast.podspot.de/files/Markos-Medienpodcast267-Mucbook.mp3]